Flüchtlinge im Retter-Team beim DRK?
Horb - Was hat das Deutsche Rote Kreuz (und haben vielleicht auch bald alle Bürger in Horb) für ein Glück mit Said Houri...Der Bereitschaftsleiter des DRK Horb ist nicht nur schon seit Jahren mit dabei. Der geborene Tunesier spricht auch arabisch. Und das hilft ihm jetzt, neuen Nachwuchs zu generieren.

Von Jürgen Lück
Der Horber Frühling am Sonntag. Vor dem DRK Stand stehen ganz selbstverständlich Muhamed und Soubhi. Syrische Flüchtlinge. Said sagt stolz: "Das sind meine beiden Volontäre. Die werden jetzt einen Erste-Hilfe-Kurs machen und ich bringe ihnen alles von A bis Z bei. Die Flüchtlinge sind unsere große Hoffnung, um unser Nachwuchsproblem zu lösen."
Und auch Soubhi und Muhamed macht es Spaß, beim Roten Kreuz mitzuhelfen. Muhamed: "Das Rote Kreuz ist eine humanitäre Organisation, deshalb mache ich mit." Soubhi: "Mir macht das einfach Spaß, das zu lernen."
Und Said Houri hofft natürlich, dass sich durch die Mundpropaganda unter den Flüchtlinge bald noch mehr finden, die beim Roten Kreuz mitmachen. Houri: "Ehrlich gesagt, ich musste mein arabisch auch erst Mal aus dem Hinterkopf herausholen. Doch inzwischen kann ich mich gut mit ihnen unterhalten." Das liegt aber nicht nur an Houri, sondern auch an Soubhi. Er hatte Ende März seine Sprachprüfung am Hermann-Hesse-Kolleg absolviert. Grinsend hebt er den Daumen: "Bestanden, das war kein Problem."
Und damit hat das DRK Hoffnung, von den Flüchtlingen zu profitieren. Denn: Wie alle Retter hat auch das Rote Kreuz Nachwuchssorgen. Und das kann für die Bürger doppelt wichtig werden: Aufgrund der langen Anfahrtswege im gesamten Landkreis für den Rettungswagen setzt das Rote Kreuz – welches auch die zentrale Rettungsleitstelle am Krankenhaus Freudenstadt organisiert – auf DRK-Helfer vor Ort, die im Notfall die Patienten erst mal stabilisieren, ehe der Notarzt eintrifft. Werden diese Erst-Nothelfer vor Ort weniger, dürfte natürlich auch das Risiko für jeden Bürger steigen.
Dazu kommt: Weil viele Flüchtlinge auf ihrem Weg aus ihrer Heimat bis nach Horb oder in den Landkreis von Helfern des Roten Kreuzes versorgt und betreut wurden, hat das Rote Kreuz bei den Flüchtlingen ohnehin ein großes Ansehen.
Horbs Feuerwehrkommandant Markus Megerle sieht in dieser Hinsicht indes ein Problem: Seine Retter, so befürchtet er, werden (vorerst) nicht von den Flüchtlingen profitieren. Megerle: "In diesen Ländern hat die Feuerwehr ein ganz anderes Ansehen. Teilweise besteht sie aus Hilfsarbeitern, teilweise ist sie organisatorisch an die Polizei angebunden. Da kann es – je nach politischer Situation im Heimatland des Flüchtlings – schon dazu kommen, dass man einen gewissen persönlichen Abstand zu solchen Personen empfindet."
Dazu kommt: Das deutsche Feuerwehrsystem mit seinem hohen professionellen Anspruch fordert schon jetzt genug von den Aktiven. Megerle: "Personell würden wir das momentan gar nicht gestemmt bekommen, aktive Mitgliederwerbung bei den Migranten zu machen. Wir haben ohnehin schon das Problem, angesichts der hohen Anforderungen eine gute Tagesverfügbarkeit aufrecht zu erhalten. Dazu kommt, dass wir unter unseren 480 Aktiven leider niemand haben, der arabisch sprechen kann. Und auch auf Englisch würde es schwierig werden, weil wir bei unserer Technologie viel technisches Englisch benötigen würden."
Insofern hat das DRK mit Said Houri richtig Glück, so Megerle: "Das er arabisch spricht, ist ein Riesen-Bonus-Punkt, den das DRK Horb da hat. Er macht das richtig toll."
Megerle erzählt noch, dass er gerade von einer Tagung der hauptamtlichen Feuerwehrkommandanten komme: "Wir haben auch über das Thema Migranten gesprochen. Das personelle Problem, aktiv um Mitglieder unter den Migranten zu werben, sehen alle so."
Dazu kommt noch ein Problem: Anders als beim Roten Kreuz, wo man mit Volontariaten relativ einfach eine Art "Schnupper-Kurs" anbieten kann, ist es bei der Feuerwehr komplizierter. Megerle: "Um aktiv zu werden, kann es schon bis zu einem Jahr dauern, ehe man alle notwendigen Schulungen durchlaufen hat. Die Grundausbildung beispielsweise wird vom Landkreis Freudenstadt finanziert. Da brauchen wir mindestens 25 Teilnehmer, damit sich das lohnt. Die meisten neuen Aktiven bekommen wir aber durch die Jugendfeuerwehr."
Fakt ist auch: Said Houri hat sehr viel persönliches Engagement in die Betreuung der Flüchtlinge hineingesteckt. Er und seine Frau Anette waren beispielsweise mit Soubhi beim Jobcenter.
Und was macht das Technische Hilfswerk in Horb, um Migranten zu werben? Christian Fischer, Beauftragter Öffentlichkeitsarbeit: "Wir warten eher ab. In Horb gibt es noch relativ wenig Flüchtlinge. Außerdem können wir keinen Fahrdienst stellen, um die abzuholen. An Helfern sind wir aber immer interessiert."
Der nächste Schnupperabend beim Deutschen Roten Kreuz für alle, die Helfer werden wollen (auch für Flüchtlinge), ist am Freitag, 15. April, 17 Uhr in der Kaserne.
erschienen im Schwarzwälder Boten